Rückkehr in die Krisenberichterstattung
Obwohl ich Ende 2019 – nach meiner letzten investigativen Dokumentation für n-tv im Irak und in Syrien („IS – Rückkehrer – Nachsicht oder Strafe“) und der darauffolgenden Corona-Pandemie – meine achtjährige Tätigkeit im gefährlichen Sonderbereich des investigativen Journalismus beendete, war es mir ein großes Anliegen, noch einmal aktiv zu werden. Gemeinsam mit einem guten Freund der Produktionsfirma Pinguimfilm, mit dem ich bereits in der Vergangenheit zu Themen wie Terrorismus, hybrider Kriegsführung und Menschenrechtsverbrechen zusammengearbeitet hatte, reiste ich für das ZDF erneut in die Ukraine.
Das Ziel der Recherche war der Einsatz russischer Drohnentechnologie im Zusammenhang mit westlichen Komponenten. Das Ergebnis dieser Arbeit ist die aufschlussreiche Dokumentation „Krieg gegen die Ukraine: Westliche Technik in Putins Drohnen“, die auf dem YouTube-Kanal des ZDF-Formats (Frontal) abrufbar ist.
Humanitäre Hilfe inmitten des Krieges
Während unserer Recherchen in Kiew und im Umland, wo wir unter strikten Sicherheitsvorkehrungen Drohneneinheiten und Labore besuchten, organisierte ein wunderbarer Mensch humanitäre Hilfsaktionen. Dieser Helfer ist bereits seit Jahren in der Ukraine caritativ aktiv. Aus Sicherheitsgründen können wir seine Identität nicht preisgeben, doch sei so viel gesagt: Durch seinen Einsatz und den Dienst der dahinterstehenden Helfer werden Menschenleben gerettet – im Besonderen das Leben kleiner Kinder.
März 2025: Begegnung mit dem Grauen in Butscha

Neben unserer Hauptaufgabe für das ZDF-Nachrichtenformat Frontal hatten wir eine große Menge an Hilfsgütern im Gepäck. Diese waren für ein Kinderheim bestimmt und wurden von großzügigen Spenderinnen und Spendern aus Deutschland und Polen zur Verfügung gestellt.
An einem sonnigen Morgen unter der Woche trafen wir an einem Ort ein, der mich als Mensch zutiefst berührte. Er weckte Erinnerungen an die Schrecken kriegerischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die ich bereits im Irak und in Syrien durch autoritäre Regime und religiöse Fanatiker erlebt hatte.
Das Waisenheim in Butscha ist ebenfalls ein Zeugnis grausamer Verbrechen. Die Täter zeigen sich nach außen – besonders in sozialen Medien oder auf Russia Today – gern human und zivilisiert. In ihrem Handeln jedoch, das unverständlicherweise sogar durch die russisch-orthodoxe Kirche religiös legitimiert wird, sind sie den Verbrechen des sogenannten Islamischen Staates (IS) gleichzusetzen.
Die Strategie der „verbrannten Erde“
Was russische Soldaten der Zivilgesellschaft in Butscha angetan haben, verschlägt einem den Atem. Neben willkürlicher Folter, der Ermordung Unbeteiligter und der Zerstörung von Kindergärten und Schulen ist es vor allem die Strategie der „verbrannten Erde“, die Spuren in meinem Bewusstsein hinterlässt und mir oft den Schlaf raubt.
Zentraler Bestandteil dieser Strategie ist die massenweise Vergewaltigung von Frauen. Es geht darum, den Gegner durch die öffentliche und menschenunwürdige Entwürdigung von Frauen zu demütigen. Der weibliche Körper wird dabei zur Waffe instrumentalisiert, um den Widerstand der Gesellschaft zu zermürben. Es ist dieselbe grausame Methodik, die bereits die Rote Armee in den früheren deutschen Ostgebieten, die Kriegsparteien in Jugoslawien, der IS oder das syrische Regime anwandten.
Die Kinder von Butscha: Traurige Augen

Ich kenne den Namen des kleinen Mädchens nicht, das ich in diesem Moment fotografierte. Ich konnte nicht danach fragen, weil mich ihr Blick – dieses für ihr zartes Alter viel zu ernste und traurige Gesicht – bis heute verfolgt.
Dieses Kind ist eines von vielen, die von verzweifelten Müttern im Heim abgegeben wurden. Mütter, welche die physische und psychische Schändung ihrer Seele durch russische Soldaten kaum ertragen konnten. Sie gebaren Kinder, die unschuldig in eine Welt hineingeboren wurden, in der sie aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte für immer stigmatisiert sein könnten.
Das Waisenheim ist das Zuhause jener Kinder, die Opfer dieses Wahnsinns sind – jener Realität, die manche in Deutschland in den sozialen Medien als „Fakenews“ abtun. Diesen Menschen empfehle ich einen Blick in die Augen dieses Mädchens. Ihr Anblick rührte mich so tief, dass alle Erinnerungen an die Kinder im Irak und in Syrien wieder hochkamen. Selbst jetzt ist es schwer, beim Betrachten des Bildes die Tränen zurückzuhalten.
Dezember 2025: Ein dringender Hilferuf
Kürzlich erreichte mich ein Anruf des engagierten Helfers, den wir hier „Charly“ nennen:
„Kannst Du helfen? Das Waisenhaus hat keinen Generator mehr. Der Winter naht. Wir müssen helfen“.
Angesichts der Erinnerungen an die Kindergesichter in Butscha versprach ich meine Unterstützung und verfasste diesen Artikel.
Was wird benötigt?
Charly schildert die Situation vor Ort wie folgt:
Dieselgenerator: Benötigt wird ein Gerät mit einer Leistung ab 40 KVA. Da die Russen die zivile Infrastruktur gezielt zerstört haben, gibt es oft nur noch drei Stunden Strom am Tag. Ohne Strom kann beispielsweise keine Milch für Säuglinge und Kleinkinder erwärmt werden. Die Kosten liegen zwischen 10.000 € und 12.000 €.
Schutzbunker: Aktuell beherbergt das Heim 80 Kinder. Ein bereits aus Eigenmitteln gebauter Bunker bietet Platz für 30 Kinder. Es wird ein weiterer, zertifizierter Bunker für die restlichen 50 Kinder benötigt, dessen Kosten bei ca. 70.000 € liegen. Die Kinder müssen vor den ständigen russischen Luftangriffen geschützt werden, die keinen Unterschied zwischen zivilen und militärischen Einrichtungen machen.
Ihr Beitrag: So können Sie helfen
Unsere aktuelle Spendenaufforderung konzentriert sich zunächst auf die Finanzierung des Dieselgenerators (ca. 12.000 €). Jede Spende, unabhängig von der Höhe, hilft dabei, dass das Waisenhaus wieder Strom hat.
Spendenkonto: Träger der Aktion ist der gemeinnützige Verein „Ukraine-Hilfe Osnabrück – Krakau – Ternopil e.V.“.
Bank: Sparkasse Osnabrück
IBAN: DE32 2655 0105 1552 2824 67
BIC: NOLADE22XXX
Stichwort: Generator – Schutzbunker Ukraine Waisenhaus
Ein Spendenbeleg zur steuerlichen Absetzung wird erstellt. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Vereins. Fragen zur Aktion können direkt an unseren Helfer „Charly“ unter Ukraine-Hilfe@oannes.eu gerichtet werden.
Durch eine kleine Spende werden wir das Grauen des Krieges nicht beenden können. Doch wir können jenen ein wenig helfen, die in allen Kriegen dieser Welt am unschuldigsten sind: Den Kindern.
Simon Jacob 17.12.2025, Augsburg