Ein emotionaler Vortrag über die Suche nach Frieden und Hoffnung in einer Zeit radikaler Veränderungen

Wieso berichten Medien so viel über Krieg und zeigen eigentlich nie den Frieden in der Welt, wenn wir Menschen uns doch alle so sehr nach Frieden sehnen?

Diese Frage hat sich auch Simon Jacob 2015 gestellt, als er das „Project Peacemaker“ ins Leben gerufen hat. Was dieses Projekt ausmacht? Das habe ich, so wie die anderen Besucher des Vortrages „Peacemaker – Reisen mit einem Insider: Einblicke in den Nahen Osten“ am Montag den 28. September 2020 erfahren.

Es ist 19 Uhr und die Gäste trudeln langsam im Augustanasaal im Annahof ein. Die Veranstaltung wird vom evangelischen Forum Annahof organisiert und dessen Leiter PD Dr. Martin Beck moderiert. In wenigen Minuten wird der Vortrag beginnen, über den ich meinen aller ersten Artikel schreiben werde. Kurz frage ich mich, was ich hier eigentlich mache. Ich habe mich noch nie intensiv mit der Thematik des Nahen Ostens auseinandergesetzt und mich eigentlich auch nie sonderlich geschichtlich oder politisch interessiert, im Gegensatz zu meinem Bruder David.

Mein Bruder arbeitet bereits mehrere Jahre mit dem Referenten Simon Jacob zusammen und kennt sich viel mehr mit diesem Thema aus. Ich berichte also aus der Perspektive eines Außenstehenden. Simon Jacob ist Deutscher, syrisch – orthodoxer Christ, ethnischer „Suryoyo“, vielen auch als Aramäer/Assyrer bekannt. 1978 in der Südosttürkei auf die Welt gekommen immigrierte seine Familie, aufgrund der ethnischen Spannungen in der Region, 1980 nach Augsburg, wo er auch seine Kindheit und Jugend verbrachte. Er ist freiberuflicher Journalist, Gründungsmitglied der Vereine Project Peacemaker e.V. und ZOCD e.V. und leitet sein eigenes Medien- und Beratungsunternehmen.
  
Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur über den Krieg, sondern auch den Frieden in der Welt zu berichten.
  
Der Abend steht unter dem Motto „Selig sind, die  Frieden stiften“(Matthäus 5,9). Dies ist auch ein sehnlicher Wunsch von Simon Jacob. Sein Glaube treibt ihn an, er sehnt sich nach Religionsfreiheit, Menschenrechten, nach Frieden in der Welt.
Simon berichtet von seinem sechswöchigen Aufenthalt in Amerika Anfang dieses Jahres und seiner dortigen Teilnahme am IVLP – International Visitor Leadership Programm und was er empfand, danach wieder in Augsburg anzukommen. Er freut sich zurück in Augsburg zu sein, nicht nur weil er ein Gefühl von Heimat verspürt, sondern auch von Frieden. Denn Augsburg ist für ihn wie für viele andere eine Friedensstadt und eine Stadt der Menschenrechte. Daher feiern wir auch jedes Jahr am 08. August das „Augsburger Hohe Friedensfest“. Augsburg als Friedensstadt und Menschenrechte sind auch der Anlass dieses Abends. Ein Frieden und Rechte, die nicht überall in der Welt präsent sind, denn man hört leider viel zu oft in den Nachrichten von den Grausamkeiten, die überall in der Welt begangen werden.
Simon erinnert sich daran, dass er den Medien Informationen und Material seiner Reisen überlassen hat. Doch fragt er sie dann, wieso sie nur die negativen und schlimmen Dinge für ihre Berichterstattung gewählt haben und nichts von den schönen und positiven Erfahrungen? Die Antwort ist einfach und kurz: sie verkaufen sich nicht so gut und bringen keine Schlagzeilen und Einschaltquoten. Ich sitze im Publikum und bin entsetzt. Es ist logisch, dass die Medien so handeln und das ist schockierend. Wir Menschen lieben das Drama und hören gerne von dem Leid anderer, um uns selbst besser zu fühlen. Doch die positiven Dinge ignorieren wir nur zu gerne, sie interessieren uns nicht. Das wollte Simon ändern! Er wollte seine Projekte durchsetzen aufgrund eines inneren Drangs über mehr zu berichten als nur Krieg und Oberflächliches. Sein Verein Peacemaker hat sich inzwischen zu einer großen Community über mehrere Länder entwickelt, jeder kann etwas dazu beitragen. Es geht um das Geschichten erzählen, „Storytelling“, so wie er es nennt. Viele Menschen jeden Alters beteiligen sich daran und jeder kann aus seinem eigenen Blickwinkel berichten. Es ist egal welcher Religion man angehört oder ob man die Meinung der anderen teilt. Das Ziel ist, durch offene und respektvolle Kommunikation Vorurteile und eingeschränkte Weltansichten abzubauen, eine offenere und verständnisvollere Perspektive der Menschen auf ihre Umwelt zu erlangen und für Toleranz zu sorgen. Peacemaker soll den Menschen zeigen, dass es im Nahen Osten mehr gibt als nur Krieg und sich die Menschen dort auch nur nach Freiheit, Menschlichkeit und Frieden sehnen.
  
Simon berichtet von seinen Erfahrungen, als er mit vollem Bart und dunkler Haut von einer Reise nach Deutschland zurückkam. Die negativen Schlagzeilen der Nachrichten haben die Köpfe der Menschen vernebelt und er musste feststellen, dass ihm nun Menschen auf der Straße aus dem Weg gingen. Erst verstand er das Handeln der Leute nicht, doch dann konnte er es nachvollziehen. Es ist verständlich, dass die Menschen aus Selbstschutz einen Bogen um ihn machten, wenn sie aus den Medien tagtäglich vorgelebt bekommen wie viele Extremisten und schlechte Menschen es in der Welt gibt.
  
Doch Simon berichtet in seinem eigenen Buch Peacemaker – Mein Krieg. Mein Friede. Unsere Zukunft. und seinem Dokumentarfilm Peacemaker – Europa, das Friedensprojekt auch über die positiven Erfahrungen, die er in Ländern wie dem Irak, Iran und Syrien gemacht hat. Während seines Vortrags zeigt er uns Bilder, welche ihm Frieden selbst in den schlimmsten Kriegsgebieten vermittelt haben. Bilder von Kindern, die im Kriegsgebiet im Libanon miteinander spielen, Kinder, die vor dem IS geflohen sind, doch mit einem Lächeln auf den Lippen in die Kamera schauen und nach all dem Leid, das sie erfahren mussten, trotzdem eine solche Lebensfreude ausstrahlen. Diese Bilder von Frieden und Hoffnung an Orten und in Momenten, von denen man es nicht erwartet hätte, beeindrucken mich sehr. Sie zeigen mir wie stark wir Menschen eigentlich sind und was wir durch reine Willenskraft und Hoffnung alles durchstehen können. Hoffnung, ein Wort das bei Simon Jacob sehr häufig fällt. Er sagt, dass vor allem die Spiritualität der Menschen aus seiner Region ihnen Hoffnung gibt und dass nichts auf der Welt ihnen diese nehmen kann.
  
Auch er besitzt viel Hoffnung, selbst wenn das laut ihm nicht immer so war. Er hatte Angst und war ein Schwarz-Weiß- Denker und aufgrund dieser Angst hat er sein Buch geschrieben. Durch seine vielen Reisen hat er seine Angst in Hoffnung umgewandelt. Hoffnung, dass sich etwas ändern kann. Doch von alleine passiert nichts. Jeder der sagt, er habe nichts mit der Situation im Irak, Iran oder Syrien zu tun, lügt. Wir wissen alle davon, wir können es nicht verleugnen, also müssen wir auch etwas dagegen tun und helfen. Eins ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: die, die am meisten am Krieg leiden, sind nicht diejenigen, die den Krieg führen, sondern die Unschuldigen. Es sind die Menschen, die sowieso schon nicht viel besitzen und vor allem die Kinder. Kein Kind sollte solch ein Leid durchmachen.
Für mich als Mädchen, das in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, ist es nur schwer nachzuvollziehen, wie es sein kann, dass Menschen aufgrund ihrer Religion, Sexualität, politischen Einstellung oder allein nur, weil sie ihre Meinung geäußert haben, verfolgt, eingesperrt und getötet werden. Simon erwähnt immer wieder etwas ganz Wichtiges, die Menschenrechte. Auch wenn er den Iran von einer positiven Seite kennengelernt hat und nicht nur so, wie ihn die Medien darstellen, ist ihm besonders die Stellung der Frau negativ aufgefallen. Jeder sollte das Recht auf sexuelle Freiheit haben. Laut Simon bedeutet das nicht nur zu entscheiden welches Geschlecht man lieben darf, sondern auch sich selbst und seinen eigenen Körper so zeigen zu dürfen, wie man möchte und dem kann ich nur vollkommen zustimmen. Ich stamme aus einer Generation, die so vielseitig und offen gegenüber Neuem ist. Eine Generation, in der jeder sich so ausleben kann, wie er möchte, ohne dafür verurteilt zu werden, und ich finde das ist etwas Wunderschönes und das wünsche ich allen Menschen auf der Welt. Doch leider gibt es noch viel zu viele Orte, an denen es nicht selbstverständlich ist auf die Straße zu gehen, seine Meinung frei zu äußern und die Kleidung zu tragen, die man möchte.
  
Ich denke, dass all das was gerade in der Welt los ist, unfassbar grauenvoll ist und wir dringend mehr Engagement und Willenskraft aufwenden müssen, um die Kriege, die Unterdrückung und alle anderen Katastrophen zu beenden.
Abschließend möchte ich sagen, dass in meinen Augen dieser Montagabend am 28. September sehr motivierend und bewegend war und mir ebenfalls mehr Hoffnung auf Frieden gegeben hat. Ich hoffe, dass wir mit einer neuen, jungen und engagierten Generation etwas Großes bewegen und unsere Welt verbessern können.
Picture of David Fuhrmann

David Fuhrmann

David Fuhrmann (1998 in Augsburg) ist Geographie-Student und arbeitet seit 2018 als Creative Director bei Oannes Consulting. Seine Leidenschaft für fremde Kulturen und Religionen führte ihn auf Reisen durch Europa und Asien, u.a. nach Sri Lanka, Indonesien und den Irak. In seiner Arbeit als Berichterstatter, Kameramann und Fotograf hat er bereits mehrere Projekte begleitet und seine kulturellen Erfahrungen eingebracht.
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